Das Mannheimer Forschungsinstitut ZEW hat den Stimmungsbarometer für die Konjunkturerwartungen im März veröffentlicht – und die Ergebnisse fallen ernüchternd aus. Der Indikator sinkt im Vergleich zum Vormonat um etwa 15 Punkte auf 13 Punkte. Dies bedeutet, dass die Konjunkturaussichten für Deutschland deutlich schlechter geworden sind. Zuvor war der Indikator fünfmal in Folge gestiegen, doch nun schlagen die Unsicherheiten auf den Finanzmärkten auch auf die Konjunkturerwartungen durch.

Laut ZEW sind es jedoch nicht nur die aktuellen Turbulenzen im Bankensektor, die für den Rückgang sorgen. Das wirtschaftliche Umfeld sei ohnehin schon schwierig, da die hohe Inflation den Konsum dämpft und die hohen Zinsen die Bauwirtschaft regelrecht abwürgen.

Die aktuelle Lage in Deutschland

Die Experten der ZEW sehen die aktuelle konjunkturelle Lage in Deutschland nicht ganz so pessimistisch. Der Wert liegt nur leicht unter dem des Vormonats. Jedoch ist es zu beachten, dass die konjunkturelle Lage eine eher rückwärtsgewandte Betrachtung der Wirtschaft darstellt und die aktuellen Turbulenzen am Finanzmarkt hier noch nicht vollständig eingeflossen sind.

Die anhaltenden Spannungen zwischen den USA und China sowie der Brexit werden auch im laufenden Jahr zu einer Abkühlung der deutschen Wirtschaft führen. Auch das heimische Industrieumfeld wird durch den weltweiten Handelskrieg und die schwächelnde Automobilindustrie in Mitleidenschaft gezogen.

Die Aussichten für Europa

Für Europa erwarten die Experten der ZEW in Zukunft ebenfalls weniger. Hier ist der ZEW-Indikator um 19,7 Punkte auf 10 Punkte gesunken. Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung der Europäischen Union wird durch den Brexit und eine allgemeine Abkühlung der Weltwirtschaft belastet. Hinzu kommen die schwache Entwicklung des Welthandels und die Turbulenzen in der Automobilindustrie.

Allerdings sind die Aussichten für Europa insgesamt positiver als in Deutschland. Einige Experten sagen, dass die Eurozone aufgrund ihrer geringen Verschuldung gut gerüstet ist, um mögliche Schocks aufzufangen. Darüber hinaus hat die Europäische Zentralbank bereits vor Jahren eine expansive Geldpolitik begonnen, um den Konjunkturzyklus anzukurbeln.

Fazit

Insgesamt zeigen die Konjunkturerwartungen in Deutschland und Europa eine abkühlende Konjunktur. Die wirtschaftliche Lage wird durch die Turbulenzen im Bankensektor und durch die anhaltenden Spannungen zwischen den USA und China belastet. Hinzu kommt die schwache Automobilindustrie, die der deutschen Wirtschaft zusetzt. Allerdings gibt es auch positive Beispiele, wie die geringe Verschuldung der Eurozone und die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sich die Wirtschaft in den kommenden Monaten entwickelt und ob sich die Konjunktur wieder belebt.


Hintergrundinformationen

Um die Hintergründe für die Konjunkturerwartungen in Deutschland und Europa besser zu verstehen, ist es hilfreich, die aktuellen Entwicklungen auf dem Finanzmarkt genauer zu betrachten. Vor allem seit dem Ausbruch der Corona-Krise im Jahr 2020 haben sich Unsicherheiten am Markt verstärkt. Die wirtschaftliche Entwicklung hängt stark mit der Entwicklung der Pandemie zusammen. Länder, die besonders betroffen sind, müssen mit größeren Einschränkungen und wirtschaftlichen Verlusten rechnen.

Eine weitere wichtige Rolle spielt die Inflation, die in den letzten Jahren in Deutschland kontinuierlich gestiegen ist. Dies führt dazu, dass Verbraucherinnen und Verbraucher weniger Geld zur Verfügung haben und die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen zurückgeht. Besonders trifft dies die Bereich der Reisen, Freizeit und Gastronomie.

Ein weiterer wichtiger Indikator für die Konjunktur ist die Exportentwicklung. Da Deutschland als exportorientiertes Land gilt, ist der Erfolg der exportierenden Unternehmen ein wichtiger Faktor für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Allerdings gehen die Exporte in vielen Ländern zurück, was sich auch negativ auf die Konjunkturerwartungen und das Wirtschaftswachstum auswirken kann. In Deutschland trifft dies insbesondere auf die Automobilindustrie zu, die schwere Zeiten durchmacht.

Bankensektor und Finanzmärkte

Ein wichtiger Faktor für die aktuellen Turbulenzen am Markt und die pessimistischen Konjunkturerwartungen ist der Bankensektor und die Finanzmärkte im Allgemeinen. Im Jahr 2008 gab es eine globale Finanzkrise, die durch das Platzen der Immobilienblase in den USA ausgelöst wurde. Seither wurden viele Reformen und Regulierungen eingeführt, um ähnliche Entwicklungen in der Zukunft zu verhindern. Dennoch kommt es immer wieder zu Turbulenzen, die sich auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung auswirken.

Besonders in Europa gibt es einige Banken, die mit strukturellen Problemen zu kämpfen haben. Dazu zählen auch einige deutsche Banken, die in den letzten Jahren unter anderem durch Rechtsstreitigkeiten, Niedrigzinsen und Digitalisierung unter Druck geraten sind. Auch in Italien und Griechenland gibt es nach wie vor Banken, die mit großen Problemen kämpfen.

Weltwirtschaft und Handelskonflikte

Schließlich spielen auch die Entwicklungen auf dem globalen Markt und die Handelskonflikte zwischen verschiedenen Ländern eine wichtige Rolle für die Konjunkturerwartungen. Ein aktuelles Beispiel ist der Handelskonflikt zwischen den USA und China, der seit einigen Jahren zu einer Eskalation der Zölle und einer Verschlechterung der Beziehungen führt.

Die chinesische Wirtschaft ist seit vielen Jahren eine der am schnellsten wachsenden Wirtschaften der Welt. Ein Abkühlen der chinesischen Wirtschaft kann sich auch auf die globalen Wirtschaftsentwicklungen auswirken, da China ein wichtiger Handelspartner vieler Länder ist. Auch die Europäische Union ist von der Entwicklung der chinesischen Wirtschaft besonders betroffen, da viele Güter aus China importiert werden.


Fragen & Antworten

Was sind Konjunkturerwartungen?

Konjunkturerwartungen geben an, wie Expertinnen und Experten, Unternehmen oder auch Bürgerinnen und Bürger die zukünftige gesamtwirtschaftliche Lage einschätzen. Die Einschätzungen werden regelmäßig in Form von Umfragen und Stimmungsbarometern erhoben. Konjunkturerwartungen spielen eine wichtige Rolle, da sie Entwicklungen frühzeitig erkennen und so auch Entscheidungen z.B. in Unternehmen beeinflussen können.

Warum wirken sich Turbulenzen am Finanzmarkt auf die Konjunkturerwartungen aus?

Der Finanzmarkt beeinflusst die Wirtschaft durch die Kreditvergabe an Unternehmen und Private, die Investitionen in Aktien und Anleihen sowie die Festlegung der Zinssätze. Wenn es am Finanzmarkt zu Turbulenzen kommt, kann dies dazu führen, dass weniger Kredite vergeben werden, das Vertrauen in Unternehmen sinkt und Investitionen zurückgehalten werden. Dies kann wiederum zum Rückgang der Wirtschaftsleistung führen und sich negativ auf die Konjunkturerwartungen auswirken.

Wie wirkt sich die Inflation auf die Konjunktur aus?

Die Inflation beeinflusst die Wirtschaft durch die Veränderung der Kaufkraft. Bei höherer Inflation werden Waren und Dienstleistungen teurer, was dazu führen kann, dass Konsumentinnen und Konsumenten weniger ausgeben und Unternehmen weniger investieren. Daraus kann ein Rückgang der Wirtschaftsleistung resultieren.


ZEW-Konjunkturerwartungen trüben sich merklich ein


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